WienMagazin März/April 2025 - Flipbook - Seite 33
what’s on in
Niederösterreich
genfeld – Anatomie eines Ortes“.
Der Ort selbst wurde zur Leinwand
– gestaltet von Dorfbewohner:innen,
Kindern und Künstler:innen gleichermaßen. Ortsbildpflege wurde
zur Kunstform. Man kann sich heute
nur wünschen, dass die Stadtplanung
davon etwas gelernt hat.
Und dann war da noch IntAkt – die
Internationale Aktionsgemeinschaft
bildender Künstlerinnen, 1977 gegründet, mit Hauer als erster Vorsitzender. Der Name war sperrig, das
Anliegen klar: Sichtbarkeit, Gleichstellung und Teilhabe für Frauen in
der Kunstwelt. Mit Aktionen wie
„Leintücher, Künstlinge und Findlinge“ provozierten sie – durchaus
bewusst. Die feministische Umco- Christa Hauer und ihr Mann Johann Fruhmann in der Galerie im Griechen(© Archiv Hauer-Fruhmann)
dierung von Alltagsobjekten wie beisl
gebrauchten Bettlaken stieß auf
offene Feindschaft: Tücher wurden gestohlen, zerschnitten, entfernt. Aber sie wurden auch
diskutiert. Und das war der Punkt. In der Ausstellung ist diese Episode nicht nur dokumentiert,
sondern erfahrbar – durch Briefe, Videos, Tonaufnahmen und das digitalisierte „Femifest“,
ein Manifest weiblicher Selbstbehauptung im Kunstbetrieb. Kein Museumskitsch, sondern
gelebte Politik.
Natürlich war Hauer auch selbst Künstlerin. Ihre frühen Stillleben und Landschaften wirken
heute beinahe zart, fast zu leise für das Temperament ihrer späteren Jahre. Doch mit ihren
Kreisbildern – meditativ, rhythmisch, kompromisslos – findet sie zu jener formalen Sprache,
die ihr Leben spiegelte: konsequent, radikal, klar. Und dann die späten Zackenbilder – schroff,
laut, ein visuelles Echo jener Unruhe, die sie nie losließ.
Die Ausstellung präsentiert nicht nur diese Werke, sondern auch einen Großteil jener Sammlung, die sie den Landessammlungen Niederösterreich vermachte – ein Akt der Weitergabe,
kein Rückzug. Christa Hauer starb 2013. Zehn Jahre später ist die Frage, was bleibt, nicht nur
retrospektiv zu beantworten. Die Ausstellung in Krems zeigt: Ihr Werk lebt – nicht nur auf
Leinwand oder Papier, sondern im Denken derer, die glauben, dass Kunst mehr sein kann als
Dekor. Man verlässt die Ausstellung nicht mit dem Gefühl, eine Künstlerin gesehen zu haben.
Man verlässt sie mit dem Eindruck, eine Bewegung erlebt zu haben.
Informationen: Landesgalerie Niederösterreich,
Museumsplatz 1, 3500 Krems an der Donau
bis 1. März 2026
Dienstag bis Sonntag 10:00 bis 18:00 Uhr, ab November bis 17:00 Uhr
www.kunstmeile.at
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