WienMagazin März/April 2025 - Flipbook - Seite 32
what’s on in
Niederösterreich
CHRISTA HAUER:
Visionärin im Zentrum der Kunst – Eine Retrospektive
in der Landesgalerie Niederösterreich
Eine Retrospektive in Krems zeigt, wie eine Frau die österreichische Nachkriegskunstlandschaft aufmischte – mit einer Mischung aus Leidenschaft, Hartnäckigkeit und gesellschaftlichem Weitblick. Der Anlass: Der 100. Geburtstag von Christa Hauer, einer
Künstlerin, Galeristin und Aktivistin, deren Lebenswerk mehr war als die Summe ihrer
Werke. Es war ein Statement. Hauer, 1925 in Wien geboren, war vieles – aber nie angepasst. Sie war Malerin, bevor man Frauen in Ateliers ernst nahm. Sie war Galeristin, als
dieses Feld noch von rauchenden Herren in Cord-Sakkos dominiert wurde. Und sie war
Netzwerkerin, lange bevor man das Wort mit Social Media assoziierte. Die Ausstellung
„Christa Hauer. Künstlerin. Galeristin. Aktivistin“ lässt nun tief in diesen Kosmos blicken. Und sie tut das nicht nostalgisch, sondern klug und mit dem leisen Understatement,
das ihrer Protagonistin gefallen hätte.
Im Jahr 1960 eröffnete Hauer gemeinsam mit ihrem Mann Johann Fruhmann die Galerie im
Griechenbeisl – im ersten Stock über einem Wiener Wirtshaus, das sich seit dem 15. Jahrhundert hartnäckig behauptet. Dort, wo einst Mark Twain speiste, trafen sich fortan Künstler wie
Christian Ludwig Attersee, Martha Jungwirth oder Richard Kriesche – lange bevor ihre Namen
durch Auktionshäuser hallten. Die Galerie war kein White Cube. Sie war
Wohnzimmer, Diskursraum, Experimentierfeld. Es gab keine Marketingsprache, kein durchkuratiertes
Konzept. Stattdessen: Neugier, Risiko
und der unbedingte Wunsch, Gegenwartskunst sichtbar zu machen – auch
wenn sie unbequem war.
Als die Galerie 1971 schloss, zogen
Hauer und Fruhmann aufs Land:
Schloss Lengenfeld, nahe Krems,
wurde schnell zum Labor für kulturelle Selbstermächtigung. Hier fanden
Ausstellungen und Konzerte statt, aber
auch legendäre Feste, bei denen Bauern, Künstler_innen und Intellektuelle
an denselben Tischen saßen. Es wurde
debattiert, getanzt, getrunken – und
manchmal auch gestritten. In einer
Zeit, in der Niederösterreich noch als
kulturelles Hinterland galt, entwickelte Hauer mit ihrem Team partizipative
Projekte wie die Aktion „Schönes Len32
Christa Hauer
Wien Magazin
(© Archiv Hauer-Fruhmann)