WienMagazin März/April 2025 - Flipbook - Seite 20
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ÖSTERREICHISCHE
JOSEF FRANK
Im Wiener Möbelmuseum wird wieder einmal das Augenmerk auf Details gerichtet:
auf Holzverbindungen, Proportionen, textile Oberflächen. In der aktuellen Sonderausstellung „Josef Frank und die anderen. Neue Möbel 1920–1940“, die noch bis
Jänner 2026 zu sehen ist, passt dieser nüchterne Blick gut zum Thema – und zum
Titel.
Josef Frank, dessen 140. Geburtstag Anlass für die Schau ist, war nie ein radikaler
Reformer. Er war Pragmatiker mit Haltung, Ästhet mit einem Sinn für Alltag. Und er
war nicht allein, sondern agierte im Kontext der allgemeinen Aufbruchsstimmung,
welche damals in der Kunst sowie dem Kunsthandwerk herrschte. Die Ausstellung
macht genau das zum Programm: Frank wird gezeigt im Kontext seiner Zeit, seiner
Mitstreiter_innen, seiner Auftraggeber_innen und Kolleg_innen – darunter Ernst A.
Plischke, Otto Prutscher, Walter Loos, Rosl Weiser oder Herbert Eichholzer. Manche
dieser Namen sind geläufig, viele nicht. Die Ausstellung nimmt sich die Zeit, sie den
Besucher_innen vorzustellen.
Im Zentrum steht dabei nicht das einzelne Möbelstück, sondern das Interieur: das
Wohnen als kulturelle Praxis. Die Räume, die Frank und die anderen in den 1920erund 1930er-Jahren entwarfen, unterscheiden sich deutlich von den strengen Linien
des deutschen Bauhauses oder dem Dekor des
französischen Art déco. Sie wirken zurückhaltend, aber durchdacht – funktional, aber nicht
kühl. Komfort, so scheint es, war kein Nebeneffekt, sondern Absicht. Ein Highlight der Ausstellung ist die vollständige Wohnungseinrichtung, die Josef Frank 1932 für eine Kundin
gestaltete – ausgeführt von Haus & Garten,
dem von ihm mitgegründeten Einrichtungshaus. Es ist das erste Mal, dass diese Räume
öffentlich gezeigt werden. Auch die von Ernst
A. Plischke entworfene Wohnung der Keramikerin Lucie Rie, die das Museum bereits seit den
1990er-Jahren besitzt, ist wieder zu sehen –
sorgfältig restauriert und klug inszeniert.
Dabei bleibt die Ausstellung nicht unpolitisch.
Viele der hier vertretenen Architekt_innen
mussten Wien in den 1930er-Jahren verlassen,
weil sie jüdisch waren oder aus anderen Gründen politisch verfolgt wurden. Ihre Möbel sind
20
Ernst A. Plischke, Stuhl mit Gurtengeflecht aus der
Wohnung Böhm, 1930
(© Bundesmobilienverwaltung)
Wien Magazin