WienMagazin März/April 2025 - Flipbook - Seite 14
ausstellung
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„porta“ – ein Tor zur Malerei, da sie ideal sei, um „rilievo“, also Dreidimensionalität
sowie Licht- und Schattenwirkungen, zu studieren. Tatsächlich schulte das Zeichnen
mit reduziertem Farbspektrum das Verständnis für Formen und Lichteffekte enorm.
In Italien wurde diese Hell-Dunkel-Zeichenkunst schon früh (bereits im 14. Jahrhundert) praktiziert und diente dort meist als Arbeitsmittel – Künstler wie Leonardo
nutzten das farbige Papier vor allem für Skizzen und Studien, um Ideen für Gemälde
vorzubereiten. Nördlich der Alpen hingegen – zum Beispiel im deutschen Raum –
wurden Zeichnungen auf Buntpapier oft als eigenständige Kunstwerke geschätzt.
Gerade für detailreiche religiöse oder mythologische Darstellungen zog man hier
gerne farbigen Grund vor, weil er den Szenen eine besondere Tiefe verlieh. Dürers
Betende Hände sind ein perfektes Beispiel: Ursprünglich eine Vorbereitung, wurde
die Zeichnung selbst zum Meisterwerk, das die technische Perfektion dieser Methode eindrucksvoll vor Augen führt.
Diese Ausstellung bietet nicht nur eine Fülle an Meisterzeichnungen, sondern auch
eine kunsthistorische Reise durch die Renaissance – von Nord nach Süd und wieder
zurück. Erstmals können Besucher_innen direkt vergleichen, wie ein Leonardo in
Florenz und ein Dürer in Nürnberg mit dem gleichen technischen Mittel völlig eigene Ergebnisse erzielten. Dadurch entsteht ein Dialog der Regionen und Stile, der so
bislang nie zu sehen war. Der besondere Charme liegt auch in der Intimität der
Zeichnungen: Anders als monumentale Gemälde sind diese Blätter oft klein und
voller feiner Details – man tritt nah heran und entdeckt winzige Striche, zarte Schattierungen und persönliche Notizen der Künstler. Man fühlt sich beinahe ins Atelier
der Renaissance-Meister versetzt, wo diese über farbig getöntem Papier nach dem
besten Ausdruck rangen. Zudem sind viele der gezeigten Werke echte Raritäten, die
aus konservatorischen Gründen selten ausgestellt werden.
Etliche Zeichnungen Leonardos beispielsweise sind Leihgaben, die sonst im Verborgenen von Sammlungen wie der Queen’s Royal Collection liegen. Leonardos Apostelstudie und Dürers Betende Hände – zwei ikonische Blätter – zählen zu den berühmtesten Werken der Renaissance und sind normalerweise getrennt durch Ländergrenzen, hier aber unter einem Dach vereint. Ihre Gegenüberstellung verdeutlicht
eindrucksvoll, warum die Zeichenkunst im 16. Jahrhundert endlich als der Malerei
ebenbürtig anerkannt wurde. Für Besucher_innen bedeutet das: Man erlebt einen
Wow-Moment nach dem anderen – von frühen experimentellen Skizzen bis zu
hochvollendeten Zeichnungen. All das macht den Ausstellungsbesuch zu einem
unvergesslichen Erlebnis, das sowohl Kenner_innen als auch Neulinge für die Schönheit der Renaissance-Zeichnung begeistern wird.
Tipps für Besucher_innen: Öffnungszeiten und Familienprogramm
Die Ausstellung „Leonardo – Dürer“ ist noch bis 9. Juni 2025 täglich in der Albertina
zu sehen. Die Öffnungszeiten des Museums sind täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr,
mit verlängerten Abendöffnungen jeden Mittwoch und Freitag bis 21:00 Uhr– ideal,
um auch nach einem Sightseeing-Tag noch vorbeizuschauen. Die Albertina befindet
sich zentral in Wien und ist daher für Tourist_innen leicht erreichbar. Führungen
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